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Kölner Klubs: Unklarheit über Bebauungsplan im Belgischen Viertel

Nach Diskussion der IHK und Termin mit Bundesbauministerin Barbara
Hendricks herrscht Verwirrung über Pläne in Köln +++ KLUBKOMM begrüßt
Gesetzgebungsvorhaben des Ministeriums +++ Diskussion Gewerbetreibender
des Belgischen Viertels zeigt Notwendigkeit von mehr Verständnis für alle
Interessen +++ Genaues Augenmaß und Analyse der Sachlage seitens der
Stadtverwaltung dringend erforderlich +++
Köln, im Mai 2016. Die Überlegungen zur Schaffung neuer Nutzungsgebiete im
Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Belgisches Viertel bringen allgemein große
Verwirrung mit sich. Die gleichzeitigen Pläne zur Umgestaltung des Brüsseler Platzes
führen zu einer unklaren, zum Teil tendenziösen Berichterstattung in regionalen wie
bundesweiten Medien. Höhepunkte waren dabei die Tätigkeiten seitens maßlos
resoluter Anwohner, die sich gegen eine im Veedel ansässige Kneipe richteten und
ein Beitrag im Kölner Express am 6. Mai 2016, der die von den Besuchern des
Brüsseler Platzes ausgehende Lautstärke faktisch falsch mit der Immission eines
Presslufthammers verglich.
Die seit Jahren schwelenden Konflikte zwischen Anwohnern im Belgischen Viertel und
der vor Ort ansässigen Gastronomie müssen selbstverständlich diskutiert werden, vor
allem sind Lösungen von Nöten. Dabei ist jedoch wichtig, die Interessen beider Seiten
zu beachten. Der im Januar gefasste Beschluss über die Aufstellung eines
Bebauungsplans für das Belgische Viertel mit dem Ziel, die Art der baulichen Nutzung
festzulegen, stellt sich nach den letzten Diskussionen und Äußerungen aus der
Stadtverwaltung als wenig zielführend dar. Der Plan sieht einerseits vor, reine
Wohnbereiche zu schaffen, in denen alle anderen Nutzungen ausgeschlossen sind,
während in anderen Bereichen vorhandene Gewerbe und Gastronomie bei
gleichzeitiger Wohnnutzung erhalten bleiben sollen und diesen dort auch
Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden sollen.
In reinen Wohnbereichen wäre jegliche Weiterentwicklung der Gastronomie
ausgeschlossen und je nach Ausdehnung dieser Bereiche die über Jahre natürlich
gewachsene Struktur des über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Vorzeigeviertels
stark gefährdet. Ein auch wirtschaftlich radikaler Wandel wäre die Folge. Vereinzelte
Anwohner hätten damit wohl ihr Ziel erreicht. Zu den Ansässigen gehören aber eben
auch Gewerbetreibende und Gastronomen, die in neu geschaffenen reinen
Wohnbereichen mit einer Schließung ihrer Lokalität rechnen und damit den Entzug
ihrer Lebensgrundlage befürchten müssen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass
viele Gewerbe von der Gastronomie profitieren, die in erster Linie Menschen in das
Viertel zieht.
Modernes Denken: Das urbane Gebiet
Dass es bundesweit längst andere Überlegungen gibt, die ein innerstädtisches Gebiet
neu definieren und dabei die Umstände veränderter Lebensgefühle mit einbeziehen,
zeigte ein Termin im Rahmen des Forums für Veranstaltungskultur der Kölner SPD am
9. Mai 2016. Dort stellte die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit Dr. Barbara Hendricks aktuelle Überlegungen zur Schaffung eines
neuen Nutzungsgebietes der Bauleitplanung vor – der neue Baurechtstyp „Urbanes
Gebiet“. In diesem soll in einer Kombination aus Merkmalen der Wohngebiete sowie
des Mischgebietes ein Aneinanderrücken von verschiedenen gewerblichen
Nutzungen und Wohnnutzung möglich werden. Primäres Ziel des Vorhabens ist die
Flexibilisierung der Ausweisung von Wohngebieten in innerstädtischen Lagen.
Wie Barbara Hendricks ausführte, müsse in innerstädtischen Lagen dem veränderten
Lebensgefühl Rechnung getragen werden. Reine Wohngebiete sind ihrer Ansicht
nach in im innerstädtischen Bereich nicht mehr zeitgemäß und müssten durch
Gebiete einer variablen Nutzung ersetzt werden. Hiermit einher geht eine Veränderung
der Richtwerte nach der TA Lärm, die die anlagenbezogene Lärmbelastung regelt und
im Urbanen Gebiet gegenüber reinen Wohngebieten erhöhte Richtwerte zulassen soll.
Das Belgische Viertel ist keine Partymeile
Schon bei einem Gespräch der Gewerbetreibenden auf Einladung der IHK am 29.
April 2016 war die überwiegende Meinung der Diskutanten, dass ein Miteinander in
innerstädtischen Lagen mehr Verständnis für die Belange und Interessen aller Seiten
erfordert. Natürlich müssen Gastronomie und Gewerbe die gesetzlichen
Immissionsrichtwerte beachten, aber ebenso wäre von Anwohnern ein erhöhtes
Personenaufkommen im öffentlichen Raum zu akzeptieren.
Ob der Bebauungsplan für das Belgische Viertel hierbei hilfreich sein kann, wird dabei
insgesamt eher bezweifelt. Wie Dr. Ulrich Soénius als stellvertretender
Hauptgeschäftsführer der IHK Köln zutreffend ausführte, lassen sich
ordnungsrechtliche Problemstellungen nur unzureichend über baurechtliche
Rahmenbedingungen lösen. Selbst die wenigen Stimmen pro Bebauungsplan sahen
die Gefahr einer „Totberuhigung des Viertels“, die in niemandes Sinn sein kann.
Die Argumente der Bebauungsplangegner waren zahlreich wie stichhaltig: So ist klar
zu sehen, dass das Belgische Viertel mitnichten mit der Zülpicher Straße oder gar den
Ringen verglichen und daher nicht als „Partymeile“ tituliert werden kann, wie in der
Problemanalyse der Stadt und einschlägigen Medien geschehen.
Vielmehr wird seitens der ansässigen Gewerbetreibenden nach wie vor gewünscht,
das ordnungsrechtliche Problem durch Deeskalation zu lösen. Das ist am Brüsseler
Platz zum Teil schon passiert, und eine Untersuchung des Ordnungsamtes hat zudem
ergeben, dass die Situation hinsichtlich des Personenaufkommens vor Ort schon
2015 nicht mehr so drastisch war wie in vielen Jahren zuvor.
So bleibt festzuhalten, dass vor allem die Angst einiger weniger Anwohner die
Entscheidungen der Verwaltung hier maßgeblich beeinflusst. Bei allem Verständnis für
einige Beschwerden ist dabei aber auch fraglich, warum in allen Fällen die
Gastronomen als Gegner angesehen werden. Vielmehr sind die Bars, Kneipen und
Clubs im Viertel doch die Locations, die das Publikum nach Mitternacht von der
Straße aufnehmen. Wer sich bis früh in den Morgen mit Kioskbier versorgt und
lauthals das Viertel belebt, ist kein Clubgänger und Kneipengast. Aus diesem Grund
ist der Bebauungsplan zum Scheitern verurteilt, denn er sieht vor, die zugelassenen
Betriebe verschwinden zu lassen.
Wer verschärft die Problemlage?
Im Ganzen lässt sich festhalten, dass die wirklich großen Ruhestörungen am Platz
und im Viertel an vereinzelten Wochenendtagen im Jahr vorhanden sind. Wenn die
Folge daraus wäre, die Gastronomie und Clubs am Ort plattzumachen, und damit die
gewachsene Kultur zu begraben, würde hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen
werden.
In der gesamten Diskussion auf beiden Veranstaltungen der IHK und SPD wurde auch
wieder eine Liberalisierung des Nichtraucherschutzgesetzes laut – wo nicht auf der
Straße geraucht wird, entsteht auch bedeutend weniger menschliches Gerede.
Ebenso taucht immer wieder die Frage nach den Kiosken auf: Wo keine Getränke im
öffentlichen Raum verfügbar ist, begeben sich Menschen auch wieder in die
gastronomischen Betriebe, um dort zu trinken.
Zwei klare Aussagen brachten die Diskussionsrunden mit sich: Für die IHK steht fest,
dass sich der Bebauungsplan gegen die Interessen der Wirtschaft richtet. Und die
Köln SPD vertritt eindeutig die Meinung aus der Berliner Behörde, dass ein reines
Wohngebiet in Köln nichts mit moderner Realität zu tun hat.
Die KLUBKOMM sieht mit Sorge, dass derzeit vor allem von Seiten der Anwohner im
Belgischen Viertel sowie von Teilen der Presse eine Verschärfung der Problemlage
betrieben wird. So wird sich in absehbarer Zeit keine Verbesserung des Miteinanders
im Belgischen Viertel erzielen lassen.
Genaues Augenmaß erforderlich
Ebenso sieht die KLUBKOMM im Bebauungsplan nur eine Verlagerung der Probleme.
Sollte es zu einer zwangsweisen Beruhigung des Belgischen Viertel und Brüsseler
Platzes kommen, wird sich das neue urbane Lebensgefühl der Menschen nur einen
neuen Ort suchen. Hier könnte unter Umständen die derzeit laufende Umgestaltung
des Chlodwigplatzes schon den nächsten kritischen Hotspot mit sich bringen.
Dem Verband der Kölner Clubs und Veranstalter ist wichtig, die regionale wie
nationale Bedeutung des Belgischen Viertels zu beachten. Daher weist die
KLUBKOMM ausdrücklich darauf hin, dass die anstehende Analyse seitens der Stadt
genauestens erstellt und geprüft werden muss. Alle beteiligten Interessensparteien
müssen das Versprechen der Offenlegung seitens der Politik beim Wort nehmen. Aus
unserer Sicht ist ein Erhalt der gewachsenen Struktur und des Bestandes im
Belgischen Viertel wichtig. So muss eben auch ein Betreiberwechsel und somit eine
Weiterentwicklung der Gastronomie vor Ort möglich sein.
Die KLUBKOMM wurde 2010 gegründet und ist der erste Verband, der die Interessen der Party- und
Musikszene Kölns wahrnimmt. Zu den rund 70 Mitgliedern zählen große Clubs genauso wie kleine,
hauptberufliche Partyveranstalter genauso wie solche, die Partys in Ihrer Freizeit veranstalten, Einzelkämpfer
genauso wie Betriebe mit Dutzenden von Angestellten. Außerdem sind DJs, Journalisten und Musikmanager
Mitglieder. In ihrer Arbeit steht die KLUBKOMM in ständigem Kontakt und Austausch mit städtischen
Ämtern, bundesweiten Institutionen sowie der Politik und sieht sich als Vermittler zwischen den Parteien. Die
KLUBKOMM ist genauso vielseitig wie die Szene selbst – und wie die Themen auf ihrer Agenda: GEMA,
Steuerfragen, Folgen des Rauchverbots, Konzessionen, Plakatierung und Flyerverteilung, Erschließung und
Genehmigung neuer Locations – um nur einige Bereiche zu nennen.
 

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