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Leitlinien des Kolpingwerkes atheistenfeindlich? Aktuelle Studie zum Antidiskriminierungstag von Atheisten

Die 1992 verabschiedeten Leitlinien des katholischen Kolpingwerkes richten sich in weiten Passagen gegen Aufkläung und Atheisten, dies erklärt sich darin, dass 1992 und insbesondere vor dem Besuch des polnischen Papstes in Köln, eine sehr aufgeheizte Stimmung entwickelte, die wohl ähnlich bereits zu Kolpingszeiten von den kommunistischen Arbeitervereinen in Köln an Aufklärungsarbeit geleistet wurde. Allerdings ist natürlich klar, keiner Seite konnte es darum gehen, nur die Lacher auf seiner Seite zu haben. Wie auch immer, der Atheismus wird noch 1992 als schlimmstes denkbares Szenanio geschildert. Als würde ein Atheist schreiben, es kommt durch die Rückständigkeit der Gesellschaft zu... und zu... und sogar noch zu religiösen Anwandlungen.
Aus den Leitlinien:
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III. Zur geschichtlichen Aufgabe und Verantwortung des Kolpingwerkes
 

Aus dem Selbstverständnis des Kolpingwerkes ergeben sich seine geschichtliche Aufgabe und Verantwortung:

(9) Mit der beginnenden Industrialisierung entstanden vor allem im zweiten Drittel des letzten Jahrhunderts zahlreiche neue Nöte. Adolph Kolping versuchte, diese sozialen Nöte zu mildern. Der Gesellenverein fing individualistische Tendenzen auf und stiftete neue Gemeinschaften: Hilfe zur Selbsthilfe war ein Eckwert dieser verantworteten Bemühungen. Junge Menschen wurden von Adolph Kolping zum freiwilligen und verantworteten Mitmachen aufgefordert.

(10) In der Phase gegenwärtiger Entwicklungen ist der Mensch weltweit von teils ähnlichen, teils neuen Nöten betroffen. Die geschichtliche Aufgabe des Kolpingwerkes ist als Hilfe zur Selbsthilfe für die mitverantwortete Gestaltung neuer Gegebenheiten einzubringen und fortzuführen.

(11) Die individualistischen Tendenzen des letzten Jahrhunderts waren auch ein Grund für verschiedene aufklärerische, teils sogar atheistische Tendenzen. In der Öffentlichkeit wurde geübtes Christentum abgewertet, verhöhnt und verspottet. Adolph Kolping fasste diese Tatsachen und Entwicklungen ebenfalls als Ursachen für soziale Nöte. Konsequent forderte er eine Erneuerung der Gesinnung und ermunterte die Mitglieder seines Vereins zum mutigen öffentlichen Bekenntnis ihres Christentums auf.

(12) In der Gegenwart ist Verlust von Glaube aus vielfältigen Gründen feststellbar; teils sind bzw. waren christlicher Glauben und christliches Leben in der Öffentlichkeit in nicht demokratischen Systemen mit Sanktionen belegt.
Zur geschichtlichen Aufgabe des Kolpingwerkes gehört daher heute auch, suchenden Menschen die existentiellen Hilfen des Glaubens zu eröffnen. Der im Glauben erneuerte Mensch hat auch in und durch das Kolpingwerk seinen verantworteten Beitrag zur Meisterung der neuen Situation und Nöte des Menschen zu leisten. Dem Verband kommt daher die verantwortete Aufgabe der Übertragung dieses geschichtlichen Beitrag Adolph Kolpings auf unsere Zeit zu. Neue Nöte des Menschen in Gesellschaft sind auch durch Erneuerung der Gesinnung zu mildern.

(13) Individualismus und Atheismus hatten im letzten Jahrhundert ebenfalls Gemeinschaften wie Familie, Gemeinde, Stände, Nachbarschaften aufgelöst. Der insbesondere in Europa begonnene Individualisierungsprozeß setzt sich gegenwärtig in anderen Ländern fort. Der Verlust dieser gesellschaftlichen Klammern bedeutete den Wegfall des sozialen Auffangnetzes für in Not geratene Menschen. Der Gesellenverein sollte dafür eine neue Gemeinschaft sein wie heute die Kolpingsfamilien; zudem forderte Adolph Kolping mit Nachdruck aber auch die Notwendigkeit eines völlig neuen Auffangnetzes: er verlangte vom Gesetzgeber sozialpolitische Maßnahmen.

(14) In nicht wenigen Ländern ist heute das Kolpingwerk allein nicht hinreichend, um durch seine Gemeinschaft die neuen Nöte mildern oder gar meistern zu können. Daher fordert das Kolpingwerk nationale wie internationale Gremien zu entsprechenden Vereinbarungen und gesetzlichen Maßnahmen auf. Weltweite und neue Nöte müssen auch durch zuständige Gesetzgeber gemildert werden. Das Kolpingwerk hat sich verantwortlich immer wieder getreu seiner Aufgabe nachdrücklich und ausdrücklich dafür einzusetzen.

(15) Aufgabe und Verantwortung des Kolpingwerkes sind in Vergangenheit, Gegenwart wie Zukunft die Milderung und Meisterung von Nöten vor allem des abhängig beschäftigten Menschen in Gesellschaft durch Hilfe zur Selbsthilfe, durch Eröffnung neuer Zugänge zum Glauben, durch Bemühungen um notwendige gesetzliche Maßnahmen.
 
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Dies zeigt die Individualisierung wird vom Kolpingwerk als der Kern des Übels gesehen, man folgt nicht mehr den tradierten Regeln und bricht aus. Also die Auswirkung der kapitalistischen Produktionsweise, Marx und Engels haben diese sehr genau beschrieben, wird zum Problem gemacht und es wird versucht diesen Zug zurückzufahren.
 

Wie sollten Atheisten darüber denken?
 
Freidenker, Humanisten sind eine Kraft die den Zug in die Zukunft gerade nicht in eine egoistische, gierige Gesellschaft lenken möchte. Die Strukturen der Arbeiterbewegung wurden von den Konzernen und deren Regierungen, vom Kaiser, von Hitler, von Adenauer und von Thatcher, Reagan, Kohl und 1990 nochmal historisch von allen gemeinsam bekämpft, aufgelöst, zerschlagen. Die Arbeiterbewegung war die neue zeitgemäße Bewegung gegen die Individualisierung der Gesellschaft, dass waren starke Sozialverbünde, Vereine usw. alles futsch. Der Staat hat vieles von der Arbeiterbewegung übernommen selbst an der vergemeinschaftlichen Kindererziehung beteiligen sich die Kommunen, die Kirchen, Elternvereine, nur von den Freidenkern ist kaum mehr übrig. Die Humanisten formieren sich seit den 80ern verstärkt neu. 
 

Das Problem

 

Rund 25 Millionen Menschen in der Bundesrepublik, knapp ein Drittel der Bevölkerung, gehören keiner Konfession an. Die große Mehrheit von ihnen ist nicht religiös. In den Großstädten – in den alten wie in den neuen Bundesländern – ist ihr Anteil regelmäßig erheblich höher. Doch wer nicht Mitglied in einer Kirche oder anderen traditionellen religiösen Glaubensgemeinschaft ist, hat oftmals die schlechteren Karten: auf dem Arbeitsmarkt, im Bildungssystem, in der Politik, in den Medien und in der öffentlichen Wahrnehmung.
Dr. Thomas Heinrichs, Rechtsanwalt und Experte für Weltanschauungs- und Religionsverfassungsrecht, nennt einen Grund, warum kirchenferne Menschen in der Bundesrepublik bis heute Bürger zweiter Klasse sind. „Das Recht der Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften in der BRD ist in seinen wesentlichen Zügen aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen worden. Zwar kennt die Weimarer Reichsverfassung die formale Gleichstellung aller Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften, faktisch aber orientiert sich das Recht am Muster der Kirche. Wer nicht als Kirche organisiert ist und wer nicht in der Rechtsform der Körperschaft existiert, erscheint rechtlich und auch faktisch als Religion bzw. Weltanschauung zweiter Klasse. Dies hat sich bis heute nicht geändert. Noch immer ist in Recht und Politik die ‚Kirche‘ die normsetzende Form von Religion und Weltanschauung. Alle anders organisierten Religionen und Weltanschauungen werden strukturell benachteiligt.“
Um das Wissen über die vielfältigen und teils gravierenden Formen der Diskriminierung nichtgläubiger Menschen zu verbessern, ist der BerichtGläserne Wände entstanden. Die kompakte Broschüre beschreibt auf knapp 100 Seiten, in welchen Bereichen Bürgerinnen und Bürger ohne religiöses Bekenntnis benachteiligt werden und verweist auf aktuelle Konfliktfelder. Zusätzlich erläutert der Bericht politische und rechtliche Hintergründe des Status quo und nennt Fallbeispiele. Ergänzt werden die Darstellungen durch Vorschläge, wie die Politik Benachteiligungen abbauen könnte.
Ab 17. September 2015 können Sie hier den

Bericht herunterladen

 

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