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Porz Eil: Autokino schließt nach 57 Jahren

Ab dem 1. November 2024 ist das Porzer Autokino Geschichte, eine kleine Geschichte vom Kino, vom Auto und von Gesellschaft

Damit wird ein Stück transatlantischer Nachkriegskultur beendet. Am 6. Juni 1933 eröffnet der Amerikaner Richard Milton Hollingshead in Camden (New Jersey) das erste Autokino der Welt. Die Industriestadt liegt gegenüber der Stadt Philadelphia am Fluß Delaware. Das Autokino Gravenbruch in Gravenbruch nahe Frankfurt am Main ist das älteste und erste Autokino in Deutschland und das zweitälteste Europas. Das Autokino in Gravenbruch wurde am 29. März 1960 als erstes seiner Art in Europa nördlich der Alpen eröffnet. Das erste eröffnete in Italien, im September 1957 eröffnete in Castelfusano bei Rom das erste Autokino Europas. Italien befand sich ebenfalls unter dem starken Einfluß der USA. Daher waren die Kriegsverlierer schneller amerikanisiert als etwas Frankreich und England. Zur Premiere bei Frankfurt wurde der der US amerikanische Spielfilm Der König und ich mit Yul Brynner gezeigt.
Das Kölner Autokino im Stadtteil Porz wurde 1967 eröffnet und ist damit das dritte Kino dieser Art in der Bundesrepublik und das erste in Nordrhein-Westfalen. Es war eines von dem letzten Dutzend Autokinos das es bis in die Gegenwart geschafft hatte. In der Coronazeit war es ein Hotspot der Open Air Kultur. In Bedrängnis geriet es, da es an Märkte vermietete, ohne Genehmigung. Diese Märkte sorgten für Beschwerden und so wurde das Unternehmen wirtschaftlich bedroht.

Ohne Auto kein Autokino, kleine Geschichte..

Die Voraussetzung für ein Autokino sind eine Quantität an privaten Fahrzeugen. Zwar gab es das Volkswagenprojekt der Nazis, dieses wurde jedoch der Kriegswirtschaft geopfert. Was viele allerdings nicht wissen, es gab eine rasante Motorisierung bereits weit davor.
Bedingt durch die Kriegswirtschaft im Ersten Weltkrieg gab es im Bereich der Personenkraftwagen (Pkw) 1922 einen kleinen Einbruch mit rund 82.700 Fahrzeugen gegenüber 1914 zu Beginn des 1. Weltkrieges im Kaiserreich. Die wirtschaftliche Lage in den ersten Nachkriegsjahren sowie die aufgrund veralteter Produktionsmethoden hohen Kosten ließen keinen ausreichenden Absatzmarkt für Automobile in Deutschland entstehen. Erst mit der verbesserten Wirtschaftslage nach der Inflation und der wesentlich kostengünstigeren Fließbandproduktion stieg die Anzahl der Pkw ab 1924 kontinuierlich an. Zwischen 1924 und 1932 erhöhte sich der Bestand im Deutschen Reich von rund 132.000 auf über 497.000. Im selben Zeitraum stieg die Anzahl der Lastkraftwagen (Lkw) von etwa 30.000 auf über 150.000. Sie bestimmten nunmehr den Gütertransport, an Wirtschaftlichkeit und Schnelligkeit waren sie den Pferdefuhrwerken weit überlegen.
Trotz Kriegswirtschaft gab es 1938 in Nazideutschland 715.000 zugelassene PKW und in der Nachkriegszeit nur 518.000 PKW in Westdeutschland in 1950, fünf Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Vielleicht versteht die Jugend anhand dieser Zahlen die Folgen eines Krieges in Europa. In der DDR wurden vor allem staatliche Stellen reichlich mit PKW bestückt und stattdessen der ÖPNV ausgebaut. Im Individualverkehr dominierten Motorräder und Kleinkrafträder in der DDR, hier wurde die DDR schnell Weltmarktführer, eine Position die im Zuge der Vernichtung der Wirtschaft der DDR durch westdeutsche Monopole aufgegeben wurde. Heute wäre die DDR mit ihrem Ansatz als modern zu bezeichnen.
In Westdeutschland gab es 1959 bereits unglaubliche 3,5 Mio. zugelassene PKW (staatlich, öffentlich und privat), der private PKW war nicht nur sehr praktisch sondern auch stark Statussymbol, für eine Minderheit ist es noch heute so. Auch in Westdeutschland gab es im Bereich der Motorräder und Kleinkrafträder Rekordzahlen Mitte der 50er Jahre, dann stieg man um auf den PKW der immerhin Wind und Wetter strotzt und einer Familie Platz bietet. Ausserdem gab es Wohnraumprobleme und Begriffe wie "Knutschkugel" kamen nicht von ungefähr.

Dar Proletariat setzte voll auf Motorräder und Rennräder die Clubs waren stark proletarisch und sozialistisch organisiert. Das Motorrad war vor dem Ersten Weltkrieg noch ein Luxusartikel, in den zwanziger Jahren stieg die Zahl der Zweiräder stark an. Zwischen 1921 und 1924 erhöhte sich der Bestand von Motorrädern in Deutschland von knapp 26.700 auf rund 98.000 Maschinen. Knapp 800.000 Motorräder waren bis Mitte 1931 im Deutschen Reich zugelassen.
In dem von den USA dominierten Westdeutschland gab es nach dem Wiederaufbau eine Kopie des US Lebensstils. Familie, Eigenheim, Garage,Auto, Alleinverdiener und Familienoberhaupt. Dieser Entwurf war eigentlich für die deutschen Verhältnisse unpassend und rückwärtsgewandt, ob´wohl bereits die Nazis viel unternehmen die Emanzipation der Frau aus der Arbeiterbewegung vor Reichsgründung und im Kaiserreich wie der Weimarer Republik zu kassieren. In der Adenauer Ära wurden die Uhren gnadenlos zurückgedreht und eingefroren.
Stattdessen erfreute man sich an vielem Neuen, an Wohlstand, Konsum, Bling Bling und Bang Bang, das Autokino war eine dieser Errungenschaften dieser Zeit. Es gibt gegen Geld dem Leben einen weiteren Aspekt. Dieser Scheinfortschritt verfing lange Zeit in Westdeutschland, die vermeintliche us-amerikanische Lebensweise wurde lange Jahre zum zum Vorbild.

Nun ist in Porz, in Köln in der Region das letzte Autokino Geschichte. Es bleiben die Autokinos in Essen, Frankfurt, Stuttgart und München.

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