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Porz: Frühes SA Folterzentrum vor dem Abriß
Dokumentation aus 2005, hier schildert Aders nochmals das "Frühe Lager" in Eil, erstmals berichtete der ehemalige Porzer Stadtarchivar bereits 1982 von den Vorfällen am Hochkreuz.
Es formiert sich ein Protest gegen den Abriss, es muss sichergestellt werden dass dieser Ort in angemessener Form - als Informations- Aufklärungs- und Gedenkort erhalten bleibt.
Es dürfte nun das vorletzte "frühe Lager" sein das noch in Teilen besteht. Porzer Bürger bieten Gründung eines Trägervereins an.
report -k meldete Gestern: https://www.report-k.de/was-wird-aus-dem-ehemaligen-wilden-sa-schutzhaft...
Dort steht unter anderem:
"Die Linke und Die Partei stellten am 18. April 2021 eine Anfrage zur Erinnerung an das ehemalige SA-Lager „Am Hochkreuz“. Diese beantwortete die Stadtverwaltung am 3. November mehr als ein Jahr später. Das ehemalige Pförtnerhaus, wo die Vernehmungen stattfanden, soll niedergelegt werden. Dort plant die Stadt Köln den Ausbau der Frankfurter Straße auf vier Fahrspuren bis zum Autobahnanschluss. Seit 2010 stand das Liegenschaftsamt der Stadt Köln hier in Verhandlungen mit dem Besitzer und konnte den Ankauf mittlerweile abschließen. Seit dem 1. Januar 2021 befindet sich das Gebäude in städtischem Besitz. In der Antwort schreibt die Stadtverwaltung: „Die Stadt Köln hat sich gegenüber der Firma OSMAB dazu verpflichtet, die Gebäude an der Frankfurter Str. 772-776 bis Mitte 2023 niederzulegen. Darauf soll der Ausbau der Frankfurter Str. folgen.“
Auf die Frage nach dem Erhalt historischer Gebäude, wie etwa der Schlosserei, in der die Gefangenen auf Stroh schlafen mussten, verweist die Stadt Köln auf den privaten Eigentümer die OSMAB Porz GmbH. Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln stimmte der Niederlegung der Gebäude unter der Auflage einer fotografischen Dokumentation zu. Offen bleibt, wie die Stadt an den Ort erinnern will.
Denn dazu schreibt die Stadtverwaltung:
„Es ist geplant, die historischen Informationen über den Ort sowie die Erinnerung an die Opfer des „Schutzhaftlagers“ in Form einer Gedenkstele und/oder eines Informationspavillons zu gewährleisten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine Abstimmung über den konkreten Standort sowie über die Gestaltung und Umsetzung des Erinnerungsorts steht aus.“
Zitat Ende
Exakt hier setzt die Kritik ein:
- benötigen wir auf 800 Meter eine Verbreiterung der Frankfurter Straße? Wäre nicht ein hybrides Verkehrskonzept sinnvoller und angemessener?
- hätte man nicht zuerst eine Lösung bezüglich einer Gedenkstätte suchen sollen?
- Forderungen und Ansprechpartner aus Porz gab es zu Genüge aus den letzten Jahrzehnten, es wird in Porz seit fast 40 Jahren eine Gedenkstätte gefordert. Sie stellt neben den Gräbern von Reichpietsch und Köbis in Wahnheide eine der wichtigsten Stätten der Demokratiegeschichte und des Widerstandes in Porz dar, auch wenn diese kommunistisch bzw. sozialistisch geprägt war, was heutzutage zu gerne vergessen wird. Die Vorkämpfer und Widerständler gingen höchste persönliche Risiken ein. Es wäre eine Schande dies nicht zu würdigen.
- nun hat die Stadt das Gelände letztlich erworben und lässt die Gebäude gleich abreißen. Ohne Plan bezüglich des Gedenkens!
Quellen:
"Bis circa 1935 versuchten die neuen Machthaber, politische Gegner auszuschalten, die NS-kritische Bevölkerung einzuschüchtern und zugleich die NS-Herrschaft abzusichern und zu festigen. Die rechtliche Grundlage hierzu bildete die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.2.1933. Auf Grundlage dieser sogenannten Reichtagsbrandverordnung wurden politische Gegner der nationalsozialistischen Regierung willkürlich verhaftet und ohne gerichtliche Überprüfung festgehalten. Am 22. Februar war bereits die SA in den Rang einer Hilfspolizei erhoben worden, so dass diese NSDAP-Gliederung selbständig Verhaftungen vornehmen konnte. Das Instrument der Schutzhaft wurde daraufhin exzessiv eingesetzt, um politische Gegner auszuschalten oder einzuschüchtern. Die SA ging dabei soweit, gerichtlich freigesprochene NS-Gegner noch im Gerichtssaal in Schutzhaft zu nehmen und zu deportieren.
In dieser frühen Phase der NS-Herrschaft waren die Polizeigefängnisse zugleich sowohl Haft- als auch Folterstätten. Zusätzlich entstanden sogenannte Wilde Konzentrationslager, in denen Gefangene festgehalten, gefoltert und auch ermordet wurden. Diese völlig willkürlich oft in Kellern, Hinterhöfen oder leerstehenden Schuppen eingerichteten Haftstätten führten allerdings zu großem Unmut im preußischen Justiz- und Beamtenapparat, so dass sich die nationalsozialistische Führung gezwungen sah, diesen „Wildwuchs“ zu beenden. Auch sollte der zunehmende Einfluss der SA zurückgedrängt werden, um nach außen hin keine allzu „revolutionären“ Zustände erscheinen zu lassen, die die Akzeptanz der nationalsozialistischen Herrschaft in der bürgerlichen Gesellschaft wie im Ausland beeinträchtigt hätten. Folgerichtig wurde der SA im August 1933 der Status einer Hilfspolizei in Preußen wieder genommen.
Im Laufe des Jahres 1933 wurden nun staatliche Konzentrationslager errichtet, sogenannte Frühe Konzentrationslager, die die Schutzhäftlinge in großer Zahl aufnehmen sollten.[5] Diese Maßnahme war unter anderem auch deshalb nötig, weil die lokalen Polizeigefängnisse nicht die nötigen Kapazitäten für die große Menge an Häftlingen besaßen. Für das erste Jahr der NS-Herrschaft lassen sich für das Deutsche Reich „mindestens 70 Lager, 30 sogenannte Schutzhaftabteilungen in Justiz- und Haftanstalten sowie 60 Haftstätten der Gestapo, der SA und der SS [konstatieren]. Hinzu kam, vor allem im Frühjahr 1933, eine bislang nicht festgestellte Zahl von Folterstätten in Kellern, Kasernen und sogenannten Sturmlokalen. Von Februar bis April 1933 hielt man in diesen Haftstätten über 45 000 Menschen (überwiegend Männer) gefangen.“[6]
Für den 15.4.1933 liegen Schutzhaftzahlen für den Bereich des Höheren Polizeiführers im Westen vor[7]:
Strafvollzugsamt Köln: 1.360 Personen
Strafvollzugsamt Düsseldorf: 1.975 Personen
Brauweiler: 260 Personen
Mit der Festigung der NS-Herrschaft ging die Zahl der Verhaftungen zurück und die Mehrzahl der Schutzhäftlinge wurde entlassen. "
Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass ab 1939 mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges sehr viele Oppositionelle, Arbeiter sofern sie nicht kriegswichtig waren, bewusst an der Front eingesetzt und auch verheizt wurden. Der Widerstand hörte nicht auf, vielfach wurde dokumentiert und beschrieben, wie der illegale Widerstand unter diesen schweren Bedingungen noch aufrecht erhalten wurde. Die leitenden Widerständler saßen oft bis zuletzt in Haft, wie der KPD Vorsitzende Ernst Thälmann (Isolationshaft) der dann auch noch kurzerhand hingerichtet wurde als es mit dem NS Regime zu Ende ging. Die Arbeiterbewegung hatte bereits in der Kaiserzeit erfolgreich die Illegalität geübt,. damals wurde bekanntlich die SPD verboten (Sozialistengesetze).
Die Widerstandsformen der Arbeiterbewegung waren vielfältig, wie die Gedenkstätte Deutscher widerstand sehr richtig zusammenfasst
https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/themen/4-widerstand-aus-der-arbeite...
"Auf dem Gelände an der Kreuzung Frankfurter Straße und Maarhäuser Weg befinden sich Gebäude vom Ende des 19. Jahrhunderts. Diese Gebäude wurden von der Kalker Sprengstoff-Fabrik errichtet und später von der „Fabrik für elektrische Zünder Köln“ bis zur Produktionseinstellung 1931 übernommen. Gegenwärtig findet eine gewerbliche Nutzung statt.
1933 gehörte der Komplex dem Konzern IG Farben und im Sommer 1933 dienten die heute noch vorhandenen Gebäude, zusammen mit mittlerweile verschwundenen, als ein Lager für Folterungen durch die SA nach der nationalsozialistischen Machtübernahme. Die staatliche Grundlage für die Misshandlungen war der sogenannte „Grauertsche Prügelerlass“. Dr. Ludwig Grauert war Staatssekretär im Reichsinnenministerium. Er autorisierte die Polizeiorgane zusammen mit SS (Schutzstaffel) und SA (Sturmabteilung) in einer Übergangsphase gemeinsam zu agieren.
Zur Vorbereitung wurde die leer stehende Fabrik, getarnt als SA-Schule, in der Woche nach dem 9. Juli 1933 als Gefängnislager eingerichtet. 24 arbeitslose SA-Männer wurden als Wachpersonal abgestellt, der Lagerkommandant war SA-Sturmbannführer Schreiber. In der ehemaligen Schlosserei, die heute als Gebäude noch existiert, und in einem mittlerweile abgebrochenen Gebäude wurde auf dem Fußboden Stroh als Nachtlager für die Inhaftierten gestreut. Im ehemaligen Pförtnerhaus an der Frankfurter Straße wurde das Vernehmungszimmer eingerichtet und im mittlerweile abgerissenen Kesselhaus sind die Folterungen, zynisch als „Sonderbehandlungen“ bezeichnet, durchgeführt worden.
In der Nacht vom Samstag den 14. zum Sonntag den 15. Juli 1933 erfolgten die Verhaftungen von Mitgliedern der KPD in Porz sowie einigen SPD-Mitgliedern gemeinsam durch Polizeibeamte, Gendarmen, Landjägern und SA-Männer. Dem zugrunde lag eine Liste von 45-65 Namen.
Bei der Einlieferung im Lager erfolgten sofort die Misshandlungen und am nächsten Morgen begannen die Vernehmungen. Diese wurden jeweils durch Folterungen unterbrochen und danach jeweils weitergeführt. Ein SA-Sanitäter versorgte abends die Verletzungen, um unmittelbare Todesfälle zu vermeiden. Das aus Porz stammende Wachpersonal und die Opfer kannten sich häufig persönlich, in Einzelfällen gab es sogar verwandtschaftliche Beziehungen.
Ende Juli 1933 wurden zunächst alle Häftlinge aus Porz entlassen, verbunden mit einer Verpflichtungserklärung, über die Vorkommnisse zu schweigen. Sieben Inhaftierte wurden von Bergisch Gladbach aus überführt, 23 weitere stammten aus Köln, anderen Schutzhaftlagern und Strafanstalten. Neben politischen Gegnern waren auch Kleinkriminelle darunter, Ziel war es, durch die brutalen Verhöre entsprechende Geständnisse zu erhalten.
Die Ereignisse im Lager stehen im Zusammenhang mit der Rolle der SA 1933 innerhalb der Phase der Konsolidierung der Diktatur. So hatten nach der Reichstagswahl am 12. November 1933 im Stimmbezirk Helling bei Lindlar im Bergischen Land viele Wähler mit „Nein“ gestimmt. Daraufhin wurden 21 Männer verhaftet und in das Hochkreuzlager gebracht, allerdings einige Tage später wieder entlassen.
Die Vorgänge im Lager, in der Literatur auch gelegentlich als „wildes Konzentrationslager“ bezeichnet, führten bereits kurz Zeit später zu einem Ermittlungsverfahren und am 15. Juni 1934 zu einer Anklage gegenüber den beteiligten Polizeibeamten und SA-Angehörigen. Unter Anwendung des Amnestiegesetzes vom 7. August 1934 für Straftaten, die im „Übereifer für die nationalsozialistische Revolution“ begangen worden sind, wurde das Verfahren im November 1934 jedoch eingestellt.
1946 zeigten ehemalige Lagerinsassen Männer des Wachpersonals bei den britischen Militärbehörden an. Im August 1947 wurden vier Angeklagte entsprechend dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom Landgereicht zu Zuchthausstrafen verurteilt, zwei erhielten Gefängnisstrafen, drei wurden freigesprochen. Gegen die Hintermänner und Befehlsgeber ist nichts unternommen worden. Lagerkommandant Schreiber ist unter falschem Namen untergetaucht.
In der Zeit der Folterungen bemühte man sich um Geheimhaltung, aber die Vorfälle waren sicht- und hörbar und der Bevölkerung in Porz bekannt. Gegenüber dem Lager existierte eine Wirtschaft, in der die SA-Wachleute verkehrten. Die Frankfurter Straße war zudem sehr befahren. Dieses Gebäude ist heute noch erhalten und wird als Gastronomie genutzt.
Das Geschehen von 1933 macht das Lager und damit die bis heute erhalten gebliebenen Gebäude zu einem Ereignis- und Erinnerungsort.
(Klaus-Dieter Kleefeld, LVR-Redaktion KuLaDig, 2017)"
„NS-Schutzhaftlager „Am Hochkreuz“ in Eil”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-263140 (Abgerufen: 31. Dezember 2022)
https://ratsinformation.stadt-koeln.de/getfile.asp?id=895714&type=do
„NS-Schutzhaftlager „Am Hochkreuz“ in Eil”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-263140 (Abgerufen: 31. Dezember 2022)
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